Auf dem Weg
Durch das Dunkel hindurch blitzt es. Im Schneetreiben sehe ich kaum etwas, aber da vorne blitzt es. Das orange Licht bewegt sich – endlich, das Räumfahrzeug! Ich hänge mich mit meinem Auto dahinter. Bis nach Hause ist es nicht mehr weit. Warum quäle ich mich am dunkelsten Tag des Jahres durch das fieseste Schneetreiben ins Coburger Land? Weihnachten! Das Fest verbringt man zu Hause, keine Frage! Weil es bei Mutti am besten schmeckt. Weil dort der Baum am schönsten ist. Weil … mir die Menschen dort wichtig sind.
Angekommen
Angekommen, „Hallo“ gesagt, ab in den Gottesdienst. Gerammelt voll, aber am Stammplatz, versammeln sich alle: Schulfreunde, Clique, Konfijahrgang. Das Getuschel beim Krippenspiel fällt kaum auf. Verabredungen für später und die nächsten Tage. Es ist wie früher, als Kind. Die Welt ist in Ordnung, die Zeit scheint stehen geblieben. „Stille Nacht“. Im Halbdunkel gesungen. Jetzt ist Weihnachten. Die alten Nachbarn werden begrüßt, gemeinsam geht es durchs verschneite Dorf nach Hause. Es wird mit der Familie gegessen. Alle freuen sich, zusammen zu sein, keine Sticheleien. Klar, der Krach kommt schon noch, wenn man sich – spätestens am 2. Feiertag – auf den Wecker geht. Aber heute ist Weihnachten. Der Baum leuchtet, alle sitzen zusammen. Geschichten werden erzählt. Plätzchen und Lebkuchen stehen auf dem Tisch. Es gibt Glühwein. Die besondere Stimmung, die Heiligkeit dieses Abends ist greifbar. Alles ist wie verwandelt. Irgendwie heil und in Ordnung. Der Alltag ist weit weg, das Fest durchbricht die tägliche Ordnung. Heiligabend ist aus der Zeit gefallen. Still, heimelig, schneekalt und doch kerzenwarm.
Und das Kind in der Krippe?
Heute frage ich mich, was das eigentlich mit dem Jesuskind in der Krippe zu tun hatte. Für mich definitiv viel. Ich kann nicht sagen, was diese Stimmung macht, aber sie war zu Weihnachten über viele Jahre da. Und sie hatte mit den Menschen zu tun. Zu Hause, später dann in den Gemeinden, in denen ich gelebt habe. Weihnachten ist ein verbindendes Fest.Die Stimmung ansteckend. Es funktioniert nicht ohne Gemeinschaft, ohne Rituale und ohne die (Ein-)Stimmung in der Kirche mit biblischer Lesung und all den Liedern. Einmal im Jahr ist Frieden, für alle, unabdingbar. Die Sehnsucht nach Weihnachten schlummert in uns. Zum Fest bricht sie sich Bahn. Im Läuten der Glocken klingt sie übers Land und kündet von dem Wunsch, der tief, ganz tief drin in uns wohnt: Frieden zu haben – mit uns, mit dem Nächsten und mit Gott. Heute fahre ich Weihnachten nirgends mehr hin. Ich bin zu Hause bei meiner Familie. Wie meine Kinder das Fest wohl erleben?
Autor Martin Klein
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